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Literatur unterwegs 2018

 

LITERATUR UNTERWEGS 

Auftakt-Veranstaltung der 6-teiligen Reihe „Literatur unterwegs“, zweisprachige Lesungen zu Flucht und Literatur.

Flucht hat viele Gesichter, ebenso das Leben danach. An diesem Abend stand die Literatur Griechenlands mit dem Thema GRENZEN auf dem Programm. Jeweils im Original und in der Übersetzung lasen Paraskevi Toma (griechisch) und Georg-D. Schaaf (deutsch) ausgewählte Gedichte von Jazra Khaleed, Mimika Cranaki, Costas Gianacacos und Tsabika Hatzinikola. Im Wechsel mit den Texten ergänzten Erläuterungen, historische Zeugnisse und Einblicke in andere Medien wie Film, Musik und bildende Kunst die Lesungen. 

 

 

Dienstag, 09.Oktober 2018: im SpecOps – Literatur Griechenlands

“Grenzen” – Mauern – Schutz-Zonen – Hoffnung und:   immer wieder Poesie, auch in schwierigen Zeiten…

Georg Schaaf und Paraskevi Toma luden zu einer Reise in die zeitgenössische griechische Lyrik ein. In gemütlicher und ungezwungener Atmosphäre im SpecOps Münster konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer jeweils abwechselnd der griechischen und deutschen Fassung der Gedichte lauschen, die sich auf sehr verschiedene Weise mit „Grenzen“ auseinandersetzen. Dabei ist die „Grenze“ auch metaphorisch zu deuten oder aber ein konkretes Thema. Abwechslung erreichten die Vortragenden durch ihre eindrucksvolle und erlesene Auswahl der Literatur. So wurde das Publikum durch das Musikvideo eines gesellschaftskritischen jungen Rappers überrascht, das auf ganz andere Art und Weise „Grenzen“ der Gesellschaft verdeutlicht.     Der rundum gelungene Abend fand seinen Ausklang im Gespräch mit den Vortragenden und          dem Publikum.

Die zweisprachigen Lesungen zu Flucht und Neubeginn werden bis Mai 2019 fortgesetzt in Kooperation mit der VHS und finden abwechselnd jeweils um 19.30 Uhr  im SpecOps, Von-Vince-Str. 5-7  und im VHS-Forum 1  am Agidiimarkt statt. Der Eintritt ist frei.

 

Dienstag, 23. Oktober 2018:  im VHS-Forum 1 –  Literatur des Jemen

Widerstand leisten gegen den Tod“

Seit 2014 befindet sich das Land in einem Stellvertreterkrieg selbsternannter Schutzmächte, der auch mit westlicher Unterstützung geführt wird, für die Weltöffentlichkeit aber so gut wie unsichtbar ist. Etwa 10.000 Menschenleben hat der Krieg bislang gefordert, etwa 3 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Kriegsverbrechen werden, selbst wenn sie bekannt werden, nicht geahndet.

Nur wenigen, die sich im Land für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, gelingt es, ihre Arbeit vor Ort fortzusetzen. So haben viele Autorinnen und Autoren das Land verlassen. Gleichzeitig entsteht im Jemen eine neue Literatur, die da auch Verbreitung findet. Krieg und Flucht bestimmen dabei längst nicht immer das Schreiben; auch gesellschaftlicher Wandel, der Umgang mit Minderheiten und die Geschichte des Landes bieten reichen Stoff.

In einer Auswahl von Gedichten und auch Prosa stellten Prof. Dr. Abdo Abboud und der freie Lektor Georg Schaaf einzelne Autorinnen und Autoren mit ihren Werken vor, unter ihnen Huda Ablan und Ali al-Muqri. Wie immer wurden die Texte und die Umstände ihrer Entstehung kurz erläutert.

Was die Schriftsteller des Jemen betrifft, so können sie angesichts der schrecklichen Situation im Jemen überhaupt nichts ausrichten. Sie leben wie alle anderen auch unter Bomben- und Granaten-Beschuss, und es fehlt ihnen am Notwendigsten wie Wasser, Essen und Strom. Man kann von ihnen nicht mehr verlangen als dass sie Widerstand leisten gegen den Tod, und dass sie trotz der widrigen Umstände im Land bleiben.“ (Ali al-Muqri)

 

Dienstag, 13. November 2018:  im SpecOps – Literatur Saudi-Arabiens

Schreiben gegen „Money Talks“

Saudi-Arabien ist kein Land, aus dem Menschen in großer Zahl fliehen – trotz strikter religiöser Verhaltensnormen, staatlicher Kontrolle und Repression. Dank der Einnahmen aus dem Ölgeschäft existiert ein Wohlfahrtsstaat mit hohen sozialen Standards. So sichert sich das Land nach innen Loyalität. Gastarbeiter sind von dieser Daseinsfürsorge allerdings nahezu ausgeschlossen; ebenso die wenigen Flüchtlinge aus Syrien und dem Jemen, und schließlich auch die palästinensischen Flüchtlinge von einst und ihre Nachfahren bis in die dritte Generation. Zugleich sichert das Land seine Land- und Seegrenzen mit Hightech-Sperranlagen europäischer Bauart gegen nicht erwünschten Zutritt.

Bei gleichzeitiger öffentlicher Förderung künstlerischen und literarischen Schaffens werden etwa Schriftsteller und Publizisten verfolgt für Arbeiten, die oft willkürlich als Angriff auf die Religion und die saudische Staatsräson gesehen werden. Längst nicht alle Fälle erreichen internationale Aufmerksamkeit wie die von Ashraf Fayadh und Raif Badawi.

Prof. Dr. Abdo Abboud und der freie Lektor Georg Schaaf lasen im Original und in der Übersetzung unter anderem Texte von Ashraf Fayadh und Mohammad Al-Domaini. Erinnert wurde an den jüngst ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi.


Die Sonne altert…

Schreiben gegen Money-Talks – Kunst oder Blasphemie?

Starke Bilder wurden den Zuhörer_innen am 13.11.2018 im SpecOps dargeboten, als das ArDeLit-Duo Gedichte von Mohammad Al-Domaini und Ashraf Fayadh rezitierte – abwechselnd auf deutsch und arabisch. Zuvor hatte Georg Schaaf Prof. Dr. Abdo Abboud, Lehrbeauftragter für arabische Literatur der Uni Münster, ausführlich zur Situation der Journalisten und Künstler im Land interviewt und dieser hatte anschaulich und pointiert dargestellt, wie Progressivität und strengste staatliche Kontrolle und Überwachung sich nicht nur in Künstlerpersönlich-keiten ineinander verhaken und verkanten und zu immer größeren Katastrophen und Verbrechen an der Menschlichkeit führen – der arabische Frühling ist auch an Saudi-Arabien nicht spurlos vorüber gegangen. Starke Bilder, mutige und stolze Verse und Gedanken, manchmal drastisch zugespitzt, aber auch bittersüße, zarte, widersetzen sich aller Liebdienerei für die Herrschenden, deren Duldung immer wieder neu und teuer erkauft wird. 

„Die Sonne altert” und:  „Unter seinem Kleid atmen Spinnen“, schreibt Al-Domaeni, und: „ihm genügt es hinter Glas zu leuchten“ – „Ich bin das Experiment der Hölle“ schreibt Fayadh – beide sind voller Sehnsucht nach Freiheit. Wir Zuhörer_innen hatten Gelegenheit, auf dieser virtuellen Reise uns von dieser Bilderwelt gefangennehmen zu lassen.